Wann ordnet mir das Gericht einen Pflichtverteidiger bei ?

1. Widerrufvoraussetzungen

Eine Bewährungstrafe ist erst dann durchgestanden, wenn während der Bewährungszeit keine andere Straftat begangen wurde, die gegebenfalls erst nach Ablauf der Bewährungszeit abgeurteilt wird. Ist folglich die Bewährungszeit einer Bewährungsstrafe noch nicht durchgestanden, kann durch jede neue Verurteilung ein Bewährungswiderruf drohen. Bei rechtskräftiger Verurteilung kann das Gericht die Aussetzung zur Bewährung rückwirkend widerrufen, wenn die Tat in Bewährungszeit stattfand unabhängig davon, dass die Strafe erst Jahre später ausgeurteilt wurde.

Wird das Gericht, welches die Bewährungsaufsicht führt und während der Bewährungszeit überwacht, gemäß § 13 MiStra über Umständen wie ein neues Ermittlungsverfahren, welche zum Widerruf der Aussetzung zur Bewährung führen können, unterrichtet, droht der Bewährungswiderruf der zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe. Dabei kommt es in der Regel ausschließlich auf den Tatzeitpunkt und nicht darauf an, dass die Anklage wegen einer Tat noch während der Bewährungszeit bei einem Gericht erhoben wird. Das Gericht der Bewährungsaufsicht und die Staatsanwaltschaft wird das Durchstehen der Bewährung erst nach rechtskräftigem Abschluss dieser Sache bestätigen oder diese widerrufen respektive als milderes Mittel die Bewährungszeit verlängern.

Häufig erfolgt die Beiordnung eines Pflichtverteidigers erst, wenn ein*e Strafverteidiger*in darauf hinweist, dass bei erneuter Bestrafung ein Bewährungswiderruf und in der Summe der "alten" und "neuen" Strafe eine Freiheitsstrafe von über einem Jahr droht. Sind dem Gericht diese Umstände bekannt, bedarf es nicht mehr der üblichen Beiordnungsgründe der Schwere der Tat, der zu erwartenden Rechtsfolgen oder der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage. Vielmehr ist in diesen Fällen regelmäßig ein Pflichtverteidiger beizuordnen.

Gemäß § 140 Abs. 2 StPO liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung vor, wenn dem Angeklagten neben den Rechtsfolgen der abzuurteilenden Tat ein Bewährungswiderruf droht.

2. Wann droht ein Bewährungswiderruf?

Der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung droht, wenn innerhalb der Bewährungszeit eine neue Straftat von einigem Gewicht begangen und rechtskräftig festgestellt wurde, auch dann wenn die Verurteilung erst nach Ablauf der Bewährungszeit erfolgt. Je nach Vorbelastung und zur Bewährung ausgesetzten Strafe kann jede - auch nicht einschlägige - Tat und Verurteilung zu einer geringen Geldstrafe für den Bewährungswiderruf ausreichen, da jede Bewährung unter der Bedingung einer straffreien Führung während des Laufes der Bewährungszeit steht.  

Ein Pflichtverteidiger kann im Zweifel einen etwaig drohenden Bewährungswiderruf abwenden, wenn entsprechende Umstände und Gründe angeführt im Hinblick auf eine erneute Bewährung vorgebracht werden können.  In den meisten Fällen richtet sich das Gericht, welches die erste Bewährung ausgesprochen hat, nach dem Gericht, welches aktuell erneut Bewährung gewährt hat oder nur eine geringe  Geldstrafe ausgesprochen hat. Zwingend ist dies nicht!

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